Rosh Hashanah feiern wir in diesen Tagen, das jüdische Neujahrsfest. Bevor sich alle in die ruhigeren Feiertage zu den Familien verabschieden, geht es turbulent zu.
Im Heim werden seit Tagen Essenspakete gepackt. Auf der Straße vorm Altersheim ein ständiges Gewusel, ein Durcheinander, Stapel von Kartons mit Essen, viele Besucher kommen ins Museum, wo ich meine Gymnastik- Stunden halte, große Gruppen von jungen SoldatInnen helfen auf der Straße beim Packen..
Meine Gruppen - Termine fallen jetzt leider öfter mal aus oder werden verschoben, ich suche einen Platz für meine Angebote, zugleich ist seit Tagen eine Riesen - Baustelle rings um den Speisesaal, Lärm, Staub, einer der uralten Bäume muss einer neuen Wand weichen, die von außen als Erweiterung des Speisesaals irgendwie angebaut wird... Der Raum, in dem ich meine Malgruppe anbiete, ist zum Lagerraum für Berge von Essen umfunktioniert...
Man kommt mittags kurz im Office zusammen, isst Honig- Kuchen, trinkt ein Schlückchen Wein mit den Kollegen und bedankt sich für die gemeinsame Arbeit. Auch Lars hat einen Job bekommen für die nächsten Tage und wird kurzerhand zum Kollegen gemacht. Hier gibt es immer etwas zu tun.
Heute Morgen kamen in Scharen Menschen aus der ganzen Umgebung, versammelten sich vor dem Altersheim und warteten auf die begehrten Pakete mit Lebensmitteln. So viele Bedürftige...
Kartonweise schleppen wir die gepackten Säckchen mit Früchten vom Kühlraum (der zugleich mein Gruppenraum war) auf die Straße. Die Pakete werden im Akkord verteilt.. Am Abend ein Berg von leeren Kartons vor dem Heim.
Rosh Ha Shana--das Fest der Besinnung auf die eigenen Taten im vergangenen Jahr und die Bitte um Vergebung für alles, wo man gefehlt hat. Denn nach altem Glauben ist jetzt die Zeit, wo Gott unseren Namen einschreibt in das Buch des Lebens oder das Buch des Todes. Im Übrigen, so habe ich erfahren, gibt es noch ein drittes Buch in der Mitte, für diejenigen, die sowohl Gutes als auch Schlechtes zu verbuchen haben und bei denen es sich anhand des aktuellen Verhaltens entscheiden wird, in welche Richtung das Pendel ausschlägt. Dies kann dazu führen, dass der Nachbar, mit dem man sich sonst nicht so gut verträgt, plötzlich ein kleines Geschenk vorbei bringt...
Rosh Hashanah--die Zeit auch von Musik und Tanz. Ich werde beschenkt mit dem wunderbaren Gefühl von Freude, dazuzugehören beim gemeinsamen Tanz am Abend, beschenkt mit dem Staunen darüber, dass meine Füße die Schritte wie von selbst wissen, dass ich die lieben Alten am Arm führen kann, sie halten, von ihnen angelacht werde.... Viele fragen am Ende des Tanzabend, wo ich herkomme und mir rutscht die Antwort heraus: "Ich weiß es gerade nicht. Aber ich bin aus Deutschland."