Reden

Ich sitze in meinem Pub, in dem ich schon im November letzten Jahres gerne saß. Damals wusste ich noch nicht, ob es wirklich klappt, dass ich hierher komme- nun ist es Realität. Damals war ich einer der wenigen Gäste, hab meinen Arrak vor mich hingesüffelt, heute, mitten im Sommer, ist die Bar gut besucht. Das Arrak- Süffeln geht auch im Sommer sehr gut. Am Nebentisch unterhalten sich zwei junge Frauen auf arabisch, Zigaretten in der Hand. An den Wänden Plakate der letzten und kommenden Kulturevents-

Ich bin gerne hier. Der laptop steht vor mir, eine neue Seite ist aufgeschlagen, ich lasse die Gedanken fließen. Gute Musik im Ohr, und Sprachen, die ich liebe, aber nicht verstehe, Bargeräusche, gedämpftes Licht, in dem ich auf sanfte Art unsichtbar werde, ich werde in Ruhe gelassen, lümmel auf gemütlichen Hockern in meiner kurzen Hose- die Temperaturen werden langsam menschenfreundlich...

Gerade fängt meine Nase den Duft von Gras ein...

"Reden" ist dieser Artikel überschrieben.

In Abwandlungen hat mich dieses Thema in den letzten Stunden und Tagen umkreist.

Reden 1: Ich beginne und ende meine "Runden" in der Drama- Group mit dem Ritual des "Redens". Füge weitere RedeRunden ein- in der Kürze liegt die Würze- jeder Teilnehmer nur zwei Sätze, das nimmt Stress raus und zwingt zur Konzentration auf das Wesentliche. Jede bekommt diesen Moment, es wird mehr und mehr genutzt- man sieht, wie es langsam verstanden wird. Und Reden ist untrennbar verbunden mit Zuhören.

Reden 2: Gestern war ich bei Judith, hörte ihr zu. Wie sie erzählte von ihrem bewegten Leben. Wird manches davon in mein Stück einfließen? 

Während ich bei Judith zu Besuch war, erhielt sie einen Anruf... Schwierigkeiten familiärer Art- und sie kann diesen nur begegnen, indem sie den Mut hat: zu reden. 

Reden 3: Im Bus, wieder mal auf dem Weg zum Strand, ein Gespräch mit Rita. Wir fahren am Beit Gefen vorbei, dem Arab- Jewish- culture - Centre. Meine Begeisterung für diesen Ort und dass ich da unbedingt hin will. Rita: I never have been there. Why, Rita? Nach fast 30 Jahren, in denen du nun in Haifa lebst? It doesn't work, they hate us... Aber: Dort wird etwas versucht, was so wichtig für diese Gesellschaft hier ist- der Hass muss heraus aus den Herzen. Den Anfang bei den Kindern zu machen, was kann es Besseres geben? Reden. Miteinander. 

Reden 4: Ich treffe mich mit Orin- er will Schauspieler werden. Der junge Mann hat den Kopf voller Ideen, will den nächsten Schritt gehen, trägt seine Zweifel mit sich und ist zugleich voller Kraft, Zuversicht und Lebensfreude. Und nun sitze ich mit ihm hier in dieser schönen kleinen Bar und rede über mein geliebtes Thema: das Theater, mein neues Stück. Er ist der Erste, dem ich hier davon erzähle. Und mit seinem und meinem etwas holprigen English hangeln wir uns an unseren Herzensthemen entlang, fragen nach, hören zu und: reden. 

 

 

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